Lebenslauf
Mimi Grossberg wurde am 23. April 1905 in Wien geboren. Sie war die Tochter von Salomon Buchwald, der bereits im Alter von 14 Jahren nach Wien kam und dort später eine Metallfabrik im 7. Bezirk gründete. Ihre Mutter war Adele Buchwald, geb. Durst., Ihre Eltern wurden vermutlich im Vernichtungslager Maly Trostinez am 21.9.1942 umgebracht.
Sie besuchte die Volksschule in Ober St. Veit. Dort wurde ihr ihre jüdische Herkunft durch eine wesentliche Erfahrung bewusst. Am frühen Morgen sprachen die Kinder ein Gebet und falteten hierzu die Hände. Eine neue Lehrerin namens Borsutzsky erklärte Mimi, dass sie eine Sünde begehen würde, wenn sie als Jüdin bei einem Gebet für Christen und Christinnen mitbeten würde.
Sie notierte dieses Erlebnis in ihrer Autobiographie:
“Ich hatte wohl gewußt, dass ich Jüdin war, ohne jedoch dieser Tatsache eine besondere Bedeutung beizumessen. Wieso war ich aber plötzlich anders als die Kinder? Welches Kind will ́anders ́ sein? Obwohl ich niemals in dieser Schule – und meines Erinnerns auch niemals in einer anderen in Österreich – einem persönlichen antisemitischen Angriff ausgesetzt war, begann ich – sechs Jahre alt – bereits die Konsequenzen zu ahnen, die sich aus der Verschiedenheit der Religion ergeben, mich dreißig Jahre später aus meinem Vaterland vertrieben und meine Eltern nach Auschwitz brachten, so wie ermordet wurden.”
Ihr Großvater lehrte sie Lektionen in biblischer Geschichte und im Hebräischlesen.
Sie schrieb in ihrer Autobiographie über diese Erfahrung:
“Das brachte mich so weit, dass ich ihm schon als Dreizehnjährige erklärte, ich glaube überhaupt an gar nichts, was freilich nicht all zu erstaunlich war, da meine Mama mir bereits als Kind gesagt hatte, den lieben Gott könne man nicht sehen. Sehen war mir aber sehr wichtig. Daß die gesamte Familie meiner Mutter atheistisch war, mit Ausnahme meiner Prager Großmutter, die Freitag abends Lichter anzündete, erfuhr ich erst viel später.”
Abendkurse bei Alfred Adler, Bibliothekarin, Modistin
Mimi maturierte am Mädchenlyzeum in Wien-Mariahilf. Ab 1922 war sie im Betrieb ihres Vaters beschäftigt. Nebenbei besuchte sie Abendkurse über englische Literatur sowie in Individualpsychologie beim Gründer der Individualpsychologie Alfred Adler.
Sie arbeitete schließlich von 1924 bis 1925 als Bibliothekarin am Volksbildungsheim Ottakring. Zudem machte sie eine Ausbildung zur Modistin, die von 1927 bis 1929 dauerte. Danach agierte sie ein Jahr lang als Handarbeiterin in einem Hutsalon und ab 1932 bis zu ihrer Emigration in die USA 1938 als selbstständige Modistin.
Heirat, erste literarische Veröffentlichung, erste Jahre der Emigration
1930 heiratete sie den Schriftsteller Norbert Grossberg. Sie selbst begann 1933, Gedichte zu schreiben. Es kam noch in Wien zu ersten Veröffentlichungen. Ihr erster Lyrikband "Der Weg zu dir" erschien im Jahre 1935 im Europäischen Verlag mit Sitz in Wien.
Die Emigration führte Mimi und Norbert Grossberg nach Manhattan, New York. Dort arbeitete sie in ihrem erlernten Beruf der Modistin. Später sattelte sie zur Hut-Kopistin in einer Fabrik um.
Die ersten Jahre der Emigration waren von finanzieller Not durchdrungen. Mimi sorgte sich auch um die in Wien zurück gelassenen Eltern.
Bekanntschaft mit Rose Ausländer, Gedichte in englischer Sprache, zweiter Gedichtband
Kurz nach dem Krieg schloß sie sich der Zeitschrift “Aufbau” an und lernte Rose Ausländer kennen. Dadurch wurde sie wieder motiviert, intensiver zu schreiben. Sie begann dann in New York Gedichte in englischer Sprache zu verfassen. Diese erschienen in den „New York Hiking Times“, deren Mitherausgeberin sie von 1948 bis 1949 war.
Bald kehrte sie aber wieder dazu zurück, in ihrer Muttersprache zu schreiben.
1957 reiste Mimi Grossberg, die seit 1944 US-amerikanische Staatsbürgerin war, in Begleitung von Rose Ausländer erstmals wieder nach Wien. In ihrer Heimatstadt erschien ebenfalls 1957 ihr zweiter Gedichtband „Versäume, verträume …“
Ein Gedicht von Mimi Grossberg in englischer Sprache
„When the facts about Auschwitz came through'
Ourparents were sent there! Their quotas came too late . ..
Now we sit in New York
and we sleep in a bed
and we are the strängest beings.
We live just like other people do.
We work, we laugh –
we go to movies.
We have nice living rooms -
music and books
and friends, yes, friends we have too.
We discuss politics, like you.
We know much more
about the damned thing.
We drink and eat
your marvellous food
and, shame, our throats let it through.
But there is one thing we must not pursue
that's the „if and the „how" -
were they gassed?
How long did they suffer??
Don't talk - l got mad -
how can this - how can this be true???
For We are their children -not strangers - see? Our bodies are safe but our minds are free and cannot be stopped to our last breath from
conjuring up their hour of death . ."
Zentrale Figur der österreichischen Exilszene in New York, Förderin von Exilliteratur
Mimi Grossberg war eine zentrale Figur in der österreichischen Exilszene in New York. Sie galt als Anlaufstelle für vertriebene österreichische Autoren. Sie hielt von 1961 bis 1965 regelmäßige Vorträge für das Austrian Institute, die Social Scientific Society und den Literarischen Verein in New York.
Mimi Grossberg förderte durch ihre Vorträge und ihre Publikationen die Exilliteratur in New York maßgeblich. Durch die Herausgabe von vier Anthologien gab sie Autorinnen und Autoren, die keine eigenen Gedichtbände vorlegen konnten, Präsenz und Bedeutung in der Literaturszene. Zudem gestaltete sie am Österreichischen Kulturinstitut in New York die erste Ausstellung zum Thema ("Österreichische Autoren in Amerika", 1968).
Autobiographie
Schließlich erschien im Jahre 1986 ihre Autobiographie „The Road to America. Mimi Grossberg – Her Times and Her Emigration. A Bilingual Report“. Sie war auch Mitglied des P.E.N.-Clubs.
Tod
Mimi Grossberg starb am 2. Juni 1997 in New York.
Ehrung
Mimi Grossberg wurde 1974 mit dem “Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich” ausgezeichnet.
Biographie über Mimi Grossberg
2008 erschien eine Biographie über Mimi Grossberg unter dem Titel “Mimi Grossberg (1905-1997): Pionierin – Mentorin – Networkerin
Ein Leben zwischen Wien und New York.” Als Herausgeberin fungierte Susanne Blumesberger.
Straßenbenennung
In der Seestadt Aspern in Wien wurde die Mimi-Grossberg-Gasse nach ihr benannt.
Weblinks
Wir erinnern uns
Sie sind eingeladen, Ihre persönliche Erinnerung an
Mimi Grossberg nieder zu schreiben.